„Hi Hasi, wenn du so richtig depressiv und down bist, was bringt dich wieder zum Lachen?“
Disclaimer: Wenn ihr eine echte Depression habt, eine psychische Krankheit, dann geht bitte zu einem Spezialisten und verlasst euch nicht auf gute Ratschläge aus dem Internet. Die Frage bezieht sich hier nicht auf Depression an sich, sondern auf negative Gefühle, die irgendwann da sind.
Die Antwort ist ein bisschen unschön, aber ich muss es so sagen, wie es ist. Ich kann euch ja nicht anlügen oder irgendeinen Blödsinn erzählen.
Viele meinen ja, dass man am besten wieder Lachen kann, wenn man was lustiges anschaut oder einen Witz hört oder auch einfach mal raus in die Natur geht und frische Luft schnappt oder seine Lieblingsmusik hört, etc. Ganz ehrlich – und das bezieh ich aber nur auf mich, es kann sein, dass das bei anderen nicht so ist – das alles funktioniert bei mir nicht. Denn die trockene und nüchterne Antwort ist: Wenn mein Hirn meint, jetzt traurig sein zu müssen, dann gibt es nichts, das es davon abhalten kann. Wenn ich super traurig bin und mir jemand einen Witz erzählt, dann lache ich darüber und bin eine Sekunde später wieder auf dem selben Traurigkeitslevel wie vorher. Das ist eben so.
Im Psychologiestudium hab ich gelernt, dass man sich gegen Gefühle nicht wehren kann. Wenn sie passieren, passieren sie. Und genauso wenig kann man Gefühle lenken und steuern. Wenn man über einen Witz lacht, obwohl man traurig ist, dann ist das einfach eine körperliche Reaktion auf einen Reiz, wie wenn man jemanden boxt und derjenige sagt „aua“. Aber die Emotion, die dahinter steht, die kann man nicht steuern. Wenn man traurig ist, ist man es.
Ich kann euch aber verraten, was meine persönliche Taktik ist, für die Zeit, in der ich mal traurig oder depressiv bin und die mir auch immer ziemlich gut geholfen hat. Es hat recht lange gedauert, bis ich hinter diesen Trick gestiegen bin, aber er hat sich bis heute als extrem effektiv herausgestellt, so simpel er auch sein mag. Wenn ich so richtig traurig oder depressiv bin – solche Phasen habe ich ständig, was für meinen Workload und für meine Lebensweise eigentlich schon fast sowas wie „normal“ geworden ist – dann mache ich folgendes:
Ich akzeptiere es.
Das klingt erstmal banal und langweilig, aber die Idee dahinter ist gar nicht mal so dumm und an sich überraschend sinnig, wenn man darüber nachdenkt. Wenn ich mir sage, ich akzeptiere jetzt, dass ich traurig bin, dann weine ich, dann sitze ich da und starre den Boden an, vielleicht arbeite ich währenddessen sogar, aber ich zwinge mich nicht dazu, fröhlich oder glücklich zu sein. Ich sag das auch meinen Kollegen, dass ich gerade traurig bin, ganz frei heraus und die nicken das dann ab. Auf die Art kann mein Körper und mein Verstand eigenständig mit diesem Gefühl umgehen, es aufbauen, es abbauen, es verarbeiten, ganz ohne Stress und ohne Druck, bis es vorbei ist.
Das kann manchmal ein paar Stunden, ein paar Tage, in Härtefällen auch Wochen dauern, aber was ich festgestellt habe ist, danach ist alles wieder gut, als wäre nie irgendwas gewesen. Das ist einerseits gut, um eine Depression schnell zu verarbeiten. Andererseits habe ich keinen Schiss vor neuen depressiven Phasen oder mach mir selbst Stress und Druck, wenn ich doch mal wieder traurig werde. Ich nehm es einfach hin, lass es über mich rollen, lass meinen Verstand damit umgehen, bis es vorbeigezogen ist.
Aber wenn diese Antwort so simpel ist, warum kommt sonst niemand darauf? Weil wir nicht gelernt haben, mit negativen Gefühlen wie Trauer oder Wut umzugehen. Uns wurde immer nur gesagt, wir sollen fröhlich sein und lächeln und unsere schlechte Laune zuhause lassen. Wir müssen in der Gesellschaft funktionieren und wenn man traurig oder wütend ist, dann „funktioniert“ man nicht. Wir haben vergessen, wie man mit negativen Gefühlen umgeht, weil wir – wenn sie mal da sind – krampfhaft versuchen, sie so schnell wie möglich loszuwerden, anstatt damit umzugehen.
Ich musste es jetzt wieder von neuem lernen und wenn man das einfach kann, wenn man in der Lage ist, Trauer oder Wut oder Hilflosigkeit, für eine gewisse Zeit zu ertragen, dann lebt es sich damit viel leichter. Kritisch wird es eben nur, wenn man aufgrund dieser negativen Gefühle seinen Alltag nicht mehr bewältigen kann zB wenn man morgens vor Traurigkeit nicht mehr aus dem Bett kommt oder wenn man in einem Wutanfall alles kurz und klein haut. Destruktives Verhalten gehört auf die Couch. Solltet ihr also in einem State sein, in dem ihr durch eure negativen Gefühle euren Alltag nicht mehr bewältigen könnt, nicht mehr arbeiten könnt, keine Aufgaben mehr erledigen könnt, dann sucht euch bitte bitte bitte professionelle Hilfe.
( )_(✿)
(◉u◉ )o ⌒*:・゚✧
HasiAnn
